Das Unbekannte: Nährboden für Neues

Brief aus Grandchamp 2020

Von der geschenkten zur gelebten Zeit

„Bleibt in meiner Liebe, und ihr werdet reiche Frucht tragen.“ So lautet das Thema der Gebetswoche für die Einheit der Christ*innen 2021. Der Ökumenische Rat der Kirchen hatte unsere Gemeinschaft gebeten, für diesen Anlass ein Thema auszuwählen und einen entsprechenden Vorschlag zu formulieren. Ausgehend von Johannes 15,1-17, erarbeiteten wir miteinander einen Gebetsweg. Solange wir vom Weinstock getrennt sind, können wir keine Frucht bringen. Es ist der Lebenssaft, das Leben Jesu in uns, der uns Frucht tragen lässt. Wenn wir in der Liebe Jesu bleiben, kommt sein Leben in uns zum Fliessen. – Wir konnten nicht wissen, dass wir einer Zeit entgegen gingen, die uns mitten in diese Wirklichkeit hinein versetzen würde.

Sr. Gesine führt aus, wie uns diese Zeit mit Unbekanntem konfrontiert und uns auf Neues hin geöffnet hat:

Der Lockdown kam einem völligen Stillstand gleich: der Gästeempfang, unsere Projekte, die Möglichkeit, auch nur irgendetwas zu planen, alles kam zum Erliegen. Wie alle anderen standen auch wir dem Unbekannten gegenüber. „Lasst ab und erkennt, dass ich Gott bin“, so lädt Gott uns Menschen im Psalm 46 ein. Ging es in dieser Zeit nicht gerade darum? Einen erzwungenen Stillstand in eine Zeit zu verwandeln, die auf Gott hofft und auf ihn wartet, in eine Zeit, die uns einlädt, in seiner Liebe zu bleiben? Das Unbekannte wird dann zum Nährboden für Neues. Leicht fällt uns dies nicht, wenn die Konfrontation mit unserer eigenen Verwundbarkeit und der Unvorhersehbarkeit jeglichen Lebens existenzielle Ängste in uns weckt.

„Im Heute Gottes leben – von der geschenkten zur gelebten Zeit“, so hiess 2020 das Thema unseres Schwesternrates. Wir sehen darin eine Einladung, dass wir das Leben, wie es uns gegeben ist, voll und ganz aus Gottes Hand annehmen, indem wir auf ihn hören und unser Leben auf ihn hin ausrichten. Br. Adalberto Piovano, ein italienischer Benediktiner, unterstrich dies in der Retraite, die er im Februar geleitet hat: „Wird die Zeit als Geschenk verstanden, so braucht sie nicht als Zufall oder als Fatalität gelebt werden, sondern sie stellt das Leben in den Freiraum der zuvorkommenden Liebe Gottes. … Wenn Zeit ein Geschenk ist, so können wir lernen, sie immer wieder in Geduld entgegenzunehmen, sie jeden Tag neu zu empfangen und vertrauensvoll den neuen Morgen zu erwarten.“

Den heutigen Tag mit all seinem Unbekannten geduldig annehmen in der Hoffnung, dass noch ein weiterer folgt. In ihrer Einführung zu unserem Schwesternrat drückte es Sr. Anne-Emmanuelle so aus: „Es gilt, die Erfahrung von Covid-19 zu einer inneren Haltung werden zu lassen: zu der des Nicht-Wissens. Die Zeit gehört uns nicht, sie liegt nicht in unserer Hand. Nehmen wir sie an, öffnen wir uns auf das, was uns übersteigt: den Hauch des Heiligen Geistes, der die Welt erfüllt und mit uns zusammen Neues schafft. Es ist nicht nötig, so zu tun, als ob wir alles wüssten und fertige Lösungen zur Hand hätten. Nein, die richtige innere Haltung besteht darin, die Realität so anzunehmen, wie sie ist, und uns dem Unerwarteten zu öffnen, in dem der Geist der Heiligkeit, der Geist Gottes wirkt. Es gilt also, uns die Zeit zu nehmen, um unsere Grenzen, unsere Anfälligkeit und Verwundbarkeit tatsächlich anzunehmen, sie nicht zu verdrängen. So können sie schöpferisch werden, weil wir uns dem göttlichen Atem öffnen, weil wir mit Gott zusammenarbeiten und im Bund mit ihm leben.“

Voraussetzung dafür ist eine Umkehr. Das griechische Wort dafür, „metanoia“, bezeichnet einen Gedanken, der über das Offensichtliche hinausgeht. Es bedeutet, auf die wirksame Kraft Gottes zu zählen, die mit uns zusammen Neues schaffen will. In der Zeit ohne Eucharistie konnten wir etwas von diesem Geheimnis erfahren. Zuerst wurde uns schmerzhaft das Fehlen, die Leere bewusst. Wie sollten wir über eine längere Zeit ohne diese so wesentliche Nahrung leben? Wir bereiteten den Altar mit einer leeren Patene und einem leeren Kelch, statt der Kommunion hielten wir eine Zeit stiller Anbetung. Und gerade hier konnten viele von uns eine Erfahrung der Fülle machen: Eine Fülle der Gegenwart Gottes, die sich nicht auf bestimmte Ausdrucksformen beschränkt. Die Fülle seiner Gegenwart in seinem Leib, gebildet aus allen Glaubenden. Und auch die Fülle einer Einheit aller Christ*innen: Waren nicht alle christlichen Traditionen viel mehr verbunden, in dem was ihnen allen fehlte, als in der Abendmahlsgemeinschaft, die untereinander (noch) nicht möglich ist?

Wir haben dieses Jahr einen kleinen Baum mit einer besonderen Geschichte geschenkt bekommen: Er ist die Frucht eines Samens, der die Bombardierung Hiroshimas überlebt hat. Überall auf der Erde gibt es nun diese „Friedensbäume“. Sie sind eindrückliches Beispiel eines Samens, der lange Zeit nur überlebt, der aber zu wachsen beginnt, sobald die Bedingungen dazu geeignet sind. Dieser Baum wurde uns von einer niederländischen Freundin geschenkt, die ebenfalls auf ein ungewöhnliches Leben zurückblickt: Als Kind hat sie ein japanisches Konzentrationslager in Indonesien überlebt, und später ihr Leben in den Dienst der Versöhnung gestellt. Zwei Wege, die durch ausweglose und völlig unvorhersehbare Situationen hindurchführten, und die nun in einer Gegenwart angekommen sind, die Leben in sich trägt.

Die Welt geht auf ein neues Jahr mit vielen offenen Fragen zu. Auch die Gebetswoche für die Einheit der Christ*innen wird viel Kreativität und Zuhören verlangen. In der Einführung zu dieser Woche haben wir geschrieben: „Obwohl wir als Christ*innen in der Liebe Christi bleiben, leben wir auch in einer Schöpfung, die seufzt, während sie sehnsüchtig auf Erlösung wartet (vgl. Röm 8). In der Welt erleben wir die Übel des Leidens und des Konflikts. Durch die Solidarität mit denen, die leiden, lassen wir die Liebe Christi durch uns fliessen. Das österliche Geheimnis trägt Frucht in uns, wenn wir unseren Brüdern und Schwestern Liebe anbieten und die Hoffnung in der Welt nähren.“

Das ist doch sehr aktuell! Mögen sich, in dieser Gebetswoche, alle Christ*innen vereinen, warten, hoffen und gemeinsam darauf hören, welche neuen Wege aus dem Unbekannten erwachsen. So können sie gemeinsam die Früchte bringen, die Gott schon vorbereitet hat.

Da Pfr. Dr. Odair Pedroso Mateus die spirituelle Grundlage der Gebetswoche für die Einheit erneuern wollte, hat er vorgeschlagen, dass unsere Kommunität die Texte dieser Woche erarbeitet:

Wer immer um die Gottesgabe der Einheit in Christus betet und diese sichtbar machen möchte, wird sich darüber freuen: Gleich zweimal wird 2021 das Gebet von Grandchamp die Welt umrunden.

Jahr für Jahr veröffentlichen abwechselnd der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und die katholische Kirche über den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christ*innen Materialien für die Gebetswoche für die Einheit der Christ*innen, zu deren Pionieren P. Paul Couturier gehörte, ein Freund von Grandchamp aus der Anfangszeit.

Diese Materialien werden zuerst vom 18. bis zum 25. Januar verwendet, wenn die Gebetswoche auf der nördlichen Hemisphäre gefeiert wird. In gewissen Ländern der südlichen Hemisphäre, etwa in Brasilien, werden sie dann in der Woche vor Pfingsten verwendet.

2018 luden der ÖRK und die katholische Kirche die Schwestern von Grandchamp ein, die biblischen Meditationen und die Gebete für 2021 vorzubereiten, das Jahr, in dem ursprünglich die nächste Vollversammlung des ÖRK vorgesehen war.

Deren Thema hatte der ÖRK bereits gewählt: „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt.“ Ohne darüber informiert zu sein, wählten die Schwestern von Grandchamp für das Gebet 2021 ein Thema aus, das bestens dazu passt: „Bleibt in meiner Liebe, und ihr werdet reiche Frucht tragen“ nach dem 15. Kapitel des Johannesevangeliums.

Als sichtbarer Ausdruck der geschenkten Einheit in Christus nährt sich die ökumenische Bewegung von den Gaben, welche die christlichen Kirchen und Gemeinschaften trotz ihrer noch immer bestehenden Trennungen vom Heiligen Geist geschenkt bekommen. Sie sind dazu aufgerufen, diese Gaben zu teilen. Nährt sich die ökumenische Bewegung nicht von einer Spiritualität der Einheit, ist sie bald ernüchtert oder widersetzt sich der Suche nach sichtbarer Einheit.

Das Gebet für die Einheit und der Dienst an ihr stand von Anfang an im Zentrum der Berufung der Kommunität Grandchamp. Ökumene ist Teil ihrer „DNA“. Die geistliche Ökumene von Grandchamp ist in den Prüfungen des letzten Jahrhunderts und dieser letzten Jahre gereift und ist heute umso nötiger, als dass der Weg zur Einheit sich als länger und anspruchsvoller erweist.

Wegen der globalen Krise diesen Jahres  wurde die Vollversammlung des ÖRK verschoben. Sie wird so vom 31. August bis zum 8. September 2022 im deutschen Karlsruhe stattfinden, unweit der französischen und der schweizerischen Grenze. Es soll eine Versammlung werden, an der Kirchen und Völker statt Trennmauern Brücken der Begegnung, der Versöhnung und der Einheit bauen.

Das Gebet von Grandchamp für die Einheit 2021 wird uns ermutigen, auch 2022 und noch lange darüber hinaus auf dem Weg zur Einheit fortzuschreiten.

Pfr. Dr. Odair Pedroso Mateus
Stv. Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen

Hoffen auf neue Wege. Zwei Personen berichten darüber aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Sr. Irmtraud und ein Freund unserer Kommunität.

Eine Hoffnung lebt in mir seit letztem März: dass die Zeit des Lockdowns dazu beitragen möge, einen Weg zu einer globalen und strukturellen Veränderung, zu mehr Respekt gegenüber der Schöpfung und zum Überleben unseres Planeten zu finden.

Glich die Zeit des Lockdowns nicht fast ein wenig der Zeit, die Mose in der Wüste verbrachte nach der Tötung des Ägypters (Exodus 2,11ff)? In der Einsamkeit der Wüste hat Gott sich ihm offenbart. Dort vertraute er ihm die Befreiung der Hebräer aus der Sklaverei an und lehrte ihn alles, was er nötig haben würde, um das Volk durch die langen Wüstenjahre zu führen.

Die Hebräer konnten Ägypten verlassen, als dies von den Plagen erschüttert worden war. Bevor sie aber in das gelobte Land einziehen konnten, mussten sie lernen, in einer neuen Geisteshaltung als freie Menschen zu leben. Dazu diente die Zeit der Durchquerung der Wüste.

Freude an einer besseren Luft, Sinn für das Absichtslose, eine regionale Küche, Stille und ein vertieftes Zuhören: Für uns Schwestern hat die Zeit des Lockdowns, wie für viele andere auch, manches neu zur Geltung gebracht. Könnte uns dies nicht darauf vorbereiten, uns nach einem reicheren, einfacheren, solidarischeren Leben zu sehnen? Spüren wir darin nicht – mit den Augen des Glaubens und im Vertrauen darauf, dass Gott in seiner Liebe uns Menschen in allen Lebenslagen begleitet – den Samen eines anderen, eines einfacheren und ökologischeren Lebens wachsen? Dabei ist es unerlässlich, dass dies auch die Strukturen erreicht mit allem, was sie an Unrecht beinhalten, das uns hindert, in Frieden miteinander zu leben.

Werden die Ereignisse, die Weissrussland, den Libanon, Hongkong, Ecuador und viele andere Gegenden erschüttern, einen Bewusstseinsschub ermöglichen, der zu einer Verwandlung, zu einer „metanoia“ sowohl auf persönlicher wie auch auf gesellschaftlicher Ebene führt?

Unterstützen wir mit unserem Gebet all die heutigen „Mose“, damit sie durchhalten und die Veränderung möglichst friedlich geschehen kann.

Mit den Betenden aus allen Religionen sind wir aufgerufen, die Hoffnung auf ein Leben in Würde für alle und für die ganze Schöpfung lebendig zu halten, damit Gottes Reich komme. Und heute schon zu leben, was davon möglich ist. An uns liegt es, eine Beziehung der Liebe und des Vertrauens, eine lebendige Beziehung zur Quelle allen Lebens wachzuhalten. Möge dies helfen, dass alle Kräfte dieses Planeten sich läutern, sich befreien und der Zeit entgegewachsen, wo Gott alles in allem sein wird.

Sr Irmtraud

An einem neuen Zusammensein weben

„Jesus sprach: Selig der Mensch, der gelitten hat: Er hat das Leben gefunden.“
Thomasevangelium, Logion 58

Wir durchleben eine bedeutende kollektive Krise. Doch sie trifft uns persönlich. Das konnte ich auch meinen Konsultationen feststellen. Die Angst vor dem Tod und auch jene vor dem wirtschaftlichen Absturz drängen sich uns ins Bewusstsein und bringen uns aus dem Lot. Wie bei allen wirklichen Krisen ist das furchteinflössend und faszinierend zugleich. Da sind Angst und Schmerz, aber es eröffnen sich auch neue Möglichkeiten. Viele haben mir erzählt, wie sich ihre Prioritäten in dieser Zeit verändert haben, wie sie begonnen haben, auf das Wesentliche in ihnen zu hören, weil sie Raum gefunden haben, sich selbst zu begegnen. Auch die Beziehung zu den anderen wurde hinterfragt. Erfahrungen grösserer Nähe wurden und werden immer noch möglich: durch die gemeinsam durchlebte schwere Zeit, durch den „Hausarrest“ zusammen mit unseren Nächsten, durch die intensivierten digitalen Kontakte. Es gibt aber auch den Schmerz der Entfernung, der sozialen Distanzierung und das Verbot vieler Begegnungen. Dies hat manchmal ein starkes Isolationsgefühl hervorgerufen, vor allem den Gruppen und Kreisen gegenüber, denen wir angehören.

Mir scheint, dass die Krise bei vielen von uns zu einer doppelten Veränderung geführt hat: Zu einer Rückkehr zu sich selbst, zu seiner eigenen Intimität, zum Raum, der jedem Einzelnen eigen ist. Und zur Wiederentdeckung unserer Beziehung zu anderen, wo das vertraute Zusammensein mit ihnen so selten und wertvoll geworden ist, zu einer Art Verinnerlichung der Beziehungen durch ein besseres, differenzierteres Hören auf sich selbst. Auch der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft wurde durcheinander gebracht. Die gewohnten äusserlichen Gesten, die zu unserem Zusammensein gehörten, waren und sind noch immer nicht möglich. Dies hat uns alle zu einer Rückbesinnung auf uns selbst gezwungen und zugleich zu einer innigeren Verbindung zu anderen geführt. Aus unserem Innenleben heraus ist es vielleicht einfacher, uns unserer eigentlichen Wirklichkeit näher zu kommen. Damit können wir unseren Platz in unserem Umfeld freier und friedlicher gestalten, und auch den anderen ihren Platz lassen. Wo solches möglich wird, führt es zu einem neuen Zusammenleben in unseren Gesellschaften. Diese werden dann eher zu ihrer Vielfältigkeit und ihren Unterschiedlichkeiten stehen können und zugleich erfahren, wie dabei in der Tiefe ein Netz von Beziehungen unter allen Beteiligten entsteht, das Einheit schon erahnen lässt.

 

Wir könnten diese innere Erfahrung mit unseren Nächsten oder in den Gruppen, denen wir angehören, noch auf einen grösseren Massstab ausweiten. Betrifft diese Krise nicht die überwiegende Mehrheit der Menschheit? Uns erreichen Informationen über sie aus allen Teilen der Welt. Stärkt unsere Solidarität mit zahlreichen Personen überall nicht unser Zugehörigkeitsgefühl zur Menschheitsfamilie? Und könnten wir somit nicht dazu kommen, die einzelnen Schritte des persönlichen Prozesses auch auf der globalen Ebene zu durchleben: uns selbst gegenüber wahrhaftiger werden; unseren eigenen, einzigartigen, legitimen Platz in der Menschheit einnehmen; den Platz aller anderen samt ihrer wesenhaften Andersartigkeit und ihrer eigenen Wahrheit anerkennen, ohne Macht über sie ausüben zu wollen; und von hier aus schliesslich weiterweben am inneren Netz, das uns mit allen verbindet und die Menschheit zusammenhält. So werden wir zu dieser Menschheitsfamilie in ihrer unendlichen Diversität und ihrer offensichtlichen Einheit gelangen. Durch das Drama, das wir gegenwärtig durchleben, könnte uns ein Faden geschenkt werden, mit dem wir an einem neuen Zusammensein von uns allen weben können.

Thierry, Arzt und Therapeut

Viele verschiedene „Zeiten“ haben das Leben in Grandchamp geprägt

„Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit.“
(Koh 3,1)

Zeit der Retraite: mit Br. Adalberto im Februar und im August mit fr. Richard von Taizé. Dieser hat uns von verschiedenen „Zeiten“ gesprochen: der vollendeten Zeit, der gegebenen Zeit, die das Wachstum des Samens ermöglicht, von Zeiten der Angst und von der Zeit, die sich auf die Ewigkeit hin öffnet, wie etwa bei der Verklärung oder bei den Erscheinungen des Auferstandenen.

Zeiten der Begegnung: mit Serge Molla zum Beispiel, der uns von Martin Luther King erzählte, mit Izabel Barros, einer Brasilianerin, die zur kolonialen Vergangenheit der Schweiz forscht, oder mit Ulrich Duchrow, der sich – insbesondere im Rahmen von Kairos Palästina – für wirtschaftliche Gerechtigkeit in unserer Welt einsetzt.

HJ Lim, koreanische Klaviervirtuosin, begeisterte uns mit ihrer Musik. Sie gab uns im Jubilé mehrere Konzerte, teilweise in Begleitung ihres buddhistischen Meisters.

Fr. Charles-Eugène von Taizé, der fr. Roger sehr nahe gestanden hatte, liess ihn uns als wichtigen Zeugen in der Kirche und in der Welt aufleben.

Weiter war es uns eine grosse Freude, einen Monat lang vier Schwestern aus der Kommunität Mamre in Madagaskar empfangen zu dürfen, sowie für ein paar Tage die Novizinnen der Kommunität Bose mit ihren Verantwortlichen.

Zeit der Rückkehr und Zeit der Sendung: Sr. Jutta und Sr. Monique verliessen Colombier und kamen nach Grandchamp zurück, wie auch Sr. Anneke nach einigen Jahren im Sonnenhof. Sr. Birgit und Sr. Gesine nahmen am Jahrestreffen von Taizé in Wroclaw teil, und Sr. Dana verbrachte einen Monat bei den Zisterzienserinnen von Cabanoule in Südfrankreich.

Zeit des Zusammenlebens hier und dort: Einander zuhören, damit unsere Beziehungen immer mehr an Qualität gewinnen und so auch unsere Gäste von der wohlwollenden Atmosphäre profitieren.

Sr. Janny und Sr. Christianne mit Maria de Groot in den Niederlanden, Sr. Anne-Geneviève und Sr. Hiltje in einem Altersheim, Sr. Gabrielle im Foyer-Handicap, jede lebt auf ihre Art ihre Berufung zum Gebet für die Einheit in der Menschheitsfamilie.

Im Sonnenhof trägt und eint das Gotteslob die kleine Gruppe von Schwestern. Es gab ihnen Flexibilität, Herausforderungen wie Krankheit, Weggang einer Angestellten oder auch die pandemiebedingte Zeit ohne Gäste durchzustehen.

Die Erneuerung im Freundeskreis und im Stiftungsrat, aber auch neue Ideen, um das Zusammenleben kreativ zu fördern, geben ihnen Kraft. Immer wieder danken sie für alle Hilfe und Freundschaft, die sie umgibt.

Zeit der Neuerungen:
–  Eine grosse, wichtige Veränderung: Pfr. Jean-Philippe Calame wird Nachfolger von Pfr. Jean-Louis L’Eplattenier als Seelsorger der Kommunität. Letzterer war mit Grandchamp seit seinem Theologiestudium in Neuchâtel vertraut und hat uns seit 1986 treu begleitet. Wir sind ihm sehr dankbar für seine diskrete und aufmerksame Gegenwart, für sein Zuhören, welches das Wesentliche zu erfassen wusste, für seine Umsicht, seine selbstverständliche Bereitschaft, so viele Gottesdienste mit uns zu feiern, und natürlich auch für seine Freundschaft. Nun freuen wir uns darauf, mit Jean-Philippe weiter unterwegs zu sein!

–  Ein neuer Anlauf an liturgischer Kreativität war nötig, um drei Monate ohne Eucharistie zu leben, um das Gebetsleben zu intensivieren und um die Oster- und die Pfingstretraite so zu gestalten, dass eine Teilnahme übers Internet möglich wurde.

–  Und Freude schliesslich über das Erscheinen des Buches von Sr. Françoise „Aux invités de la vie“.

Zeit des grossen Abschieds:
*   Von P. Boris Bobrinskoy, den die Schwestern in den Jahren 65 bis 67 gut gekannt haben. Die Kommunität stellte ihm damals einen Raum zur Verfügung, in dem er die Göttliche Liturgie feiern konnte. Mehrere Schwestern konnten als Glieder des „kleinen Chors“ daran teilnehmen; Gelegenheit, den Horizont zu erweitern und sich dem Reichtum der orthodoxen Liturgie zu öffnen.

*   Von Pfr. Philippe Bécholey, der mit Anne, seiner Gattin, in Grandchamp zahlreiche Retraiten geleitet hat, insbesondere für den Drittorden der Einheit, den er von Anfang an mitgetragen hat.

*   Von Pfr. Peter Rüesch, der über lange Jahre hinweg die Schwestern auf dem Sonnenhof begleitet hat.

*   Von Hans-Ruedi Weber, langjähriger Freund, der viele Bibelstudien mit uns durchführte und uns Anteil gab an seiner Offenheit für andere Kulturen.

… und von vielen anderen Menschen, die der Kommunität nahestanden.

Zeit des Miteinanders und Zeit der Verbundenheit auf Distanz:
insbesondere mit dem Drittorden der Einheit. Auch wenn der Colloque nicht stattfinden konnte, so haben wir doch an der Retraite im Oktober den Eintritt von Sylvie Hauser feiern können.

Die Frauen im Dienst der Einheit (Servantes de l’Unité) mussten ihre Jahrestagung teilweise über Videokonferenz abhalten.

Mehrere Gruppentreffen und Retraiten mussten wir auf später verschieben. Dies brachte jedes Mal eine Zeit schwieriger Überlegungen mit sich, die von beiden Seiten Anpassungen verlangt.

Zeit zu danken schliesslich für Gottes Treue und für die Unterstützung durch so viele Freund*innen und Bekannte. Besonders haben uns die Zeichen der Solidarität berührt, die wir in der Zeit des Lockdowns erhalten haben. Ein herzliches Dankeschön an alle!

Schon naht die Weihnachtszeit. Durch alle Unsicherheit hindurch, die unsere Welt durchmacht, offenbart sich Christus als ein Neu-Geborener, der unendliche Hoffnung mit sich bringt.

Möge seine Gegenwart Sie erfreuen und Sie durch das ganze Jahr 2021 hindurch begleiten.

Ihre Schwestern von Grandchamp